Mögliche Falschmeldungen geraten vor der anstehenden Europawahl am 26. Mai wieder in den Fokus. Experten gehen davon aus, dass im Vorfeld der Wahl vermehrt falsche Informationen gestreut werden. Besonders betroffen sind die sozialen Netzwerke. Um gegen die Falschmeldungen vorzugehen, hat die Europäische Union ein umfangreiches Maßnahmenpaket verabschiedet. Der „EU Code of practice against disinformation“ ist Teil davon und nimmt die großen Online-Unternehmen wie bzw. Facebook in die Verantwortung.
Die Europäische Union geht mit gebündelter Kraft gegen Falschmeldungen im Netz vor
Der „EU Code of practice against disinformation“ – was zunächst einmal recht sperrig klingt, ist letztlich nichts weiter als ein Verhaltenskodex zur Bekämpfung von Desinformationen und dem Schutz von Bürgerinnen und Bürgern. Unter Desinformationen werden Falschmeldungen oder Zeitungsenten verstanden, die gezielt gestreut werden, um Lesende zu manipulieren und Meinungen zu beeinflussen. Klassische Beispiele sind Meldungen über Ausländerkriminalität oder den Bezug von Sozialleistungen durch Flüchtlinge, die sich auf inkorrekte Zahlen und Zusammenhänge stützen. Einmal produziert können diese Falschmeldungen im Zeitalter der sozialen Medien rasend schnell und nahezu grenzenlos verbreitet werden, unabhängig von ihrer Korrektheit. Jede Person wird zum potentiellen Vervielfältiger der Falschmeldung. Vor allem im Kontext von Wahlen birgt dieses Potential die Gefahr, dass Falschmeldungen zur Durchsetzung politischer Ziele missbraucht werden.
Ein Verhaltenskodex für Google, Facebook, Twitter und Co zur Bekämpfung von Desinformationen
Um gegen die Gefahr dieser Falschmeldungen vorzugehen, hat die Europäische Kommission im April 2018 den „Aktionsplan gegen Desinformation“ verabschiedet. Dieser beinhaltet vier Säulen: Die verbesserte Erkennung von Desinformationskampagnen, die Einrichtung eines Frühwarnsystems vor Falschmeldungen, die Zusammenarbeit mit Faktenprüfern, die Sensibilisierung der Gesellschaft sowie die Mobilisierung von Online-Plattformen und der Werbebranche im Kampf gegen Desinformationen.
Denn gerade Online-Plattformen wie Facebook, YouTube, Twitter und Co spielen bei der Bekämpfung eine entscheidende Rolle. Die Menge und Reichweite an Falschmeldungen hängt direkt mit der Fähigkeit der Plattformen zusammen, diese zu blockieren oder aber zu verstärken und zu verbreiten. Die einflussreichsten Plattformen haben sich im August 2018 freiwillig dem „Verhaltenskodex zur Bekämpfung von Desinformationen“ verpflichtet. Neben Google, Facebook und Co gehören auch Software-Anbieter wie Mozilla und Teile der Werbebranche zu den Unterzeichnern.
Wozu verpflichtet der Kodex die teilnehmenden Unternehmen?
Der Kodex beinhaltet eine breite Palette an Verpflichtungen – von Transparenz in der politischen Werbung über die Schließung gefälschter Konten bis hin zur Denunzierung von Verfasser von Desinformation.
- Facebook ergreift Maßnahmen, um Wahlwerbung im Vorfeld der EU-Wahl transparenter zu machen, die Einrichtung von Scheinkonten zu verhindern und Verbraucherschutz-Instrumente zu entwickeln, die den Mitgliedern eine sicherere Nutzung ermöglichen.
- Twitter geht gezielt gegen automatisierte Systeme wie Bots vor, um die massenhafte Verbreitung von Falschmeldungen zu verhindern.
- Google verspricht eine Besserung bei der Kontrolle der Anzeigenschaltung und hinsichtlich der Transparenz seiner Algorithmen. So will Google in Zukunft relevante und authentische Resultate in den Suchergebnissen hervorheben.
- Mozilla arbeitet an einer neuen Browser-Version, die seitenübergreifendes Tracking verhindert, um die Surfaktivitäten der Nutzer zu schützen.
Im Vorfeld der Europawahl haben sich außerdem alle Unterzeichner dazu verpflichtet, in monatlichen Abständen über ihre Arbeit zu berichten.
Welchen Vorteil soll der Kodex den Nutzern bringen?
Der Jahresabschlussbericht von 2018 zeigt erste Erfolge: Scheinkonten und Bots wurden entfernt, die Anzahl von gefälschten Websites reduziert und Desinformationskampagnen eingedämmt. Für die Nutzer ergeben sich dadurch sichtbare Veränderungen:
- Die Online-Wahlwerbung in den sozialen Medien ist besser zu erkennen und von anderen Arten gesponserter Inhalte zu unterscheiden.
- Die Anzahl gefälschter Webseiten, die wie Seiten politischer Kandidaten oder seriöser Medienunternehmen aussehen sollen, aber eigentlich auf Desinformation abzielen, ist geringer.
- Anhand neuer Kennzeichnungen (beispielsweise, wer Anzeigen in Sozialen Medien finanziert hat) weiß der Nutzer, ob es sich um die ehrliche Meinung des Autors oder um eine getarnte Werbung handelt t.
Trotz dieser ersten Erfolge bleibt noch viel zu tun. Bereits beteiligte Unternehmen müssen ihre Strategien ausbauen und weitere Unternehmen sich dem Kodex verpflichten. Einen besonderen Appell richtet die EU an Werbeunternehmen, Markeninhaber und Werbetreibende, die im Kampf gegen Desinformationen ebenfalls eine Schlüsselrolle spielen. Darüber hinaus ist der Kodex auch nur ein Element des Aktionsplans gegen Desinformation. Die Umsetzung der anderen Vorhaben des Aktionsplanes ist ebenso maßgeblich für den Kampf gegen Desinformation in Europa.
Was Sie selbst gegen Falschmeldungen tun können:
- Gehen Sie sicher: Recherchieren Sie den Wahrheitsgehalt von Meldungen, wenn Sie Zweifel haben. Gibt es andere, seriöse Seiten wie Online-Zeitungen oder Wissenschaftler, die die Meldung ebenfalls bestätigen?
- Keine Weiterverbreitung: Teilen oder leiten Sie keine Meldungen weiter, wenn sie Zweifel haben, dass sie der Wahrheit entsprechen.
- Machen Sie selbst auch andere Nutzer auf Fehlermeldungen aufmerksam.
- Orientieren Sie sich an Onlineseiten, die sich dem Kampf gegen Fehlermeldungen verschrieben haben. Solche Faktchecking-Seiten sind beispielsweise Mimikama, Correctiv, Hoaxmap, Politifact oder Snopes.
- Melden Sie Falschmeldungen: Haben Sie eine Nachricht entdeckt, die Ihnen wie eine Falschmeldung vorkommt? Seien Sie mutig, diese bei den Faktchecking-Seiten zu melden. Die professionellen Faktenchecker werden Ihre Meldung prüfen und entsprechend handeln. Das geht entweder per Email (z.B. bei Correctiv) oder eigens dafür eingerichtetem Meldeformular (z.B. bei Mimikamal).
Quellen: ec.europa.eu, europa.eu, europa.eu/press-release, ec.europa.eu/digital-single-market
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