Rassistische, sexistische oder homophobe Sprüche und Bemerkungen können einem jederzeit und überall begegnen, meistens unvermittelt und unvorbereitet. Die richtigen Worte zu finden, fällt dann oft schwer. Das Vorbereiten von Argumenten und Einstudieren von Strategien kann helfen, sich argumentativ und rhetorisch auf den Ernstfall vorzubereiten. Gegenrede zu trainieren – dies verspricht auch die neu erschienene App „KonterBUNT. Einschreiten für Demokratie“. BEE SECURE erklärt warum Gegenrede bei Hate Speech so wichtig ist und wie die App hierbei hilft.
Menschenverachtende Aussagen sind gefährlich
„Flüchtlinge schummeln alle mit ihren Dokumenten, um hierbleiben zu dürfen“ oder „die „da oben“ machen sowieso was sie wollen“, „Homosexualität ist ansteckend“, „Arme sind faul und selbst schuld“ und „Frauen sind für Führungspositionen nicht geeignet“.
Aussagen wie diese sind ein Ausdruck gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und werden als Hate Speech (deutsch Hassrede) bezeichnet. Hate Speech ist menschenverachtend und diskriminierend. Sie grenzt die betroffenen Personen aus und steht einem demokratischen Miteinander entgegen. Auch kann sie dafür sorgen, dass sich politische Diskurse und die Grenzen des Sagbaren nach rechts verschieben. Besonders in den Sozialen Netzwerken kann unwidersprochen schnell das Gefühl entstehen, die diskriminierende Aussage spiegele einen Konsens der Bevölkerung wider. Diese Grenzverschiebung hat im Extremfall nicht nur Einfluss auf die Sprache, sondern auch auf Denken, Einstellungen und sogar Handlungen. “Vom Spruch zur Tat sind die Übergänge fließend. Deswegen sollte widersprochen werden.”, erklärte der Argumentationsexperte Klaus-Peter Hufer gegenüber der niedersächsischen Landeszentrale für Politische Bildung.
Gegenreden – aber wie?
Gegenrede ist wichtig. Sie zeigt Mitlesenden oder Mithörenden, dass die menschenverachtenden Aussagen nicht unwidersprochen toleriert werden und den Betroffenen, dass sie nicht alleine sind. Doch Gegenrede ist nicht einfach und meistens trifft einen Hate Speech unvorbereitet und plötzlich. Man will etwas entgegnen, doch die richtigen Worte fehlen. Und ehe man seine Sprache wieder zurück- und eine gute Antwort findet, ist die Situation auch schon vergangen. Die Vorbereitung von Argumenten und Argumentationsstrategien kann Abhilfe schaffen und helfen, die Sprachlosigkeit bei der nächsten Konfrontation zu überwinden.
App hilft, die Sprachlosigkeit zu überwinden
Um Gegenrede zu trainieren, haben die Landeszentralen für politische Bildung aus Niedersachsen und Sachsen-Anhalt daher in Zusammenarbeit mit verschiedenen Verbänden und Bildungsinitiativen die App „KonterBUNT. Einschreiten für Demokratie“ entwickelt.
Sie ermöglicht interessierten Menschen, sich orts- und zeitunabhängig mit beispielhaften Parolen, möglichen Antworten und Strategiehinweisen auseinandersetzen und das Gegenreden in einem Minispiel zu erproben. In diesem Spiel wird die eigene Spielfigur in Alltagssituationen wie etwa in der Schule, auf dem Spielplatz, in der Kneipe oder auf dem Jahrmarkt, mit Stammtischparolen konfrontiert. Dann läuft die Zeit runter: Innerhalb von 60 Sekunden muss eine passende Antwort gefunden werden. Ziel ist es, das Gespräch zu deeskalieren und innerhalb der grünen Stimmungsanzeige zu bleiben, die die Reaktion des Gegenübers verdeutlicht. Dies gelingt nur durch die Kombination aus inhaltlicher Argumentation und Strategie. Ist eine Station geschafft, schaltet sich die nächste frei – bis schließlich auf dem Familienfest der Showdown erfolgt. Die Stationen lassen sich anschließend beliebig oft wiederholen und die eigene Argumentationsfähigkeit lässt sich gezielt in bestimmten Bereichen trainieren. Nach jeder Frage erhält die Spielperson außerdem ausführliche Informationen zu ihren Antworten sowie Tipps und Tricks zu möglichen Gesprächsstrategien und Verhaltensweisen. Über das Parolenverzeichnis wird außerdem über die unterschiedlichen Diskriminierungen aufgeklärt und werden Hintergrundinformationen und Gegenargumente bereitgestellt.
Verantwortungsübernahme und Selbstschutz müssen immer ausgewogen sein
So wichtig es auch ist, sich gegen diskriminierende und menschenverachtende Äußerungen zur Wehr zu setzen, so wichtig ist es auch, auf sich selbst zu achten. Argumentationen können anstrengend sein und nicht immer ist der Umgang des Gegenübers fair und respektvoll. Der Selbstschutz muss daher immer an erster Stelle stehen! Es gilt, die eigenen Grenzen zu beachten und sich selbst zu schützen. Spätestens bei Beleidigungen oder gar Drohungen können und sollten Gespräche guten Gewissens abgebrochen werden. Unterschiedliche Strategien wie Blockieren oder Unterstützung einholen können helfen, mit der Situation umzugehen.
Wird Hate Speech online geäußert, sind außerdem nicht nur die Nutzenden in der Verantwortung, sondern vor allem auch die Plattformenbetreiber selbst in der Pflicht! Sie müssen den Raum moderieren, für die Einhaltung der Netiquette sowie ihrer Richtlinien sorgen und Betroffene unterstützen. Damit Mitarbeitende ihrer Verantwortung nachkommen können, ist die interne Sensibilisierung für Hate Speech und die Auseinandersetzung mit Strategien der Gegenrede, speziell für Plattformenbetreibende, sinnvoll.
Hate Speech melden
In Luxemburg ist Hate Speech strafrechtlich verboten. Um „Hate Speech” demnach möglichst effektiv zu bekämpfen, sollte man Zivilcourage zeigen und Hate Speech online melden. In Luxemburg bietet die BEE SECURE Stopline die Möglichkeit, illegale Inhalte online zu melden. Das Team der Stopline überprüft jede Meldung und leitet illegale Inhalte an die Polizei weiter.
Quellen: bpb.de “Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit”, Landeszentralen für politische Bildung aus Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, KonterBUNT.de
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